Liebe Mitbürger,
„Es kommt immer anders, als man denkt !“ – Ich möchte diesen bekannten Auspruch ergänzen: „Es kommt immer anders, als man es sich wünscht !“ Das war schon vor 2000 Jahren so, als ein junges Paar in der Stadt Bethlehem im Lande Judäa eine Herberge suchte, um ihr Erstgeborenes zur Welt bringen zu können. Aber, „in der Herberge war kein Platz für sie“ – und auch wir im Jahre 2020, werden ein Weihnachtsfest erleben, wie wir es noch nie begangen haben und auch nicht, wie wir es uns gewünscht haben. War schon der Advent anders als sonst – keine Nikolaus- und Weihnachtsmärkte, keine großen Adventsfeiern, wenig Lust und Spaß beim Einkaufen wegen allzu großer Beschränkungen – so werden wir an diesem Weihnachtsfest vielleicht in besonderer Weise verwiesen auf die zentrale Botschaft unseres Gottes, der in die Niedrigkeiten unseres Leben kommen will.
„Menschen, die ihr wart verloren, lebet auf, erfreuet euch! Heut ist Gottes Sohn geboren, heut ward er den Menschen gleich“, so heißt es in dem alten Weihnachtslied von vor 200 Jahren (GL 245).
In diesem Jahr will Gott besonders zu den Leuten kommen, die seit Monaten von der Sorge und der Angst heimgesucht sind, sich mit dem Corona-Virus anzustecken. ER will kommen zu denen, die einsam und verlassen zu Hause oder irgendwo in unserer Stadt auf den Straßen sitzen und sich nicht unter die Menschen trauen, zu denen, die mit ihrem Schmerz und ihrer Hoffnungslosigkeit kaum noch fertig werden und resignieren. ER will kommen zu den Trauernden, denen kein endgültiger Abschied von den verstorbenen Liebsten möglich war. ER will kommen zu den Eheleuten und Paaren, deren Beziehungsprobleme nicht mehr kompensiert werden können durch das Ausweichen im Geschäftlichen und Sicherheiten, die uns so unerschütterlich schienen und für immer den Sinn des eigenen Lebens zementieren sollten. Ja, ER will kommen zu den Menschen, die ihre Arbeit verloren haben und nicht wissen, wie sie ihre nächste Stromrechnung bezahlen sollen. Zu den Kindern, die tagtäglich spüren, dass sie nicht mithalten können, in einer immer mehr digitalen Welt. ER will kommen zu den Kranken und Senioren in Hospitälern und Heimen, die sich nach Nähe sehnen und ER will kommen zu den Ärzten, Pflegern und Pflegerinnen, die mehr und mehr Mut- und Kraftlos werden. Und – ER will kommen zu denen, die trotz aller Krisen, IHN, den Gott des Lebens feiern und Lobpreis verkündigen. ER will kommen zu uns allen.
Wir dürfen in all den Ungewissheiten dieser besonderen Zeit die Gewissheit haben, die uns an Weihnachten verkündet wird: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes, und unsre Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens.( Lukas 1,78-79)
Das Kind in der Krippe, der „heruntergekommene Gott“, empfängt uns mit offenen Armen und will uns in diesem Jahr, vielleicht auf eine ganz besondere Art und Weise, begegnen – jedem Einzelnen von uns, Dir und mir in unserer je persönlichen Lebenssituation, je persönlichen Pandemie-Situation. Lauschen wir der Botschaft der
Engel –„Fürchtet euch nicht, trotz…“, denn sein Name ist Immanuel = Gott mit uns, Jesus = Gott hilft. ER ist bei Dir. ER geht deinen Weg mit – deshalb, und nur deshalb, ist er Mensch geworden, so einer wie wir !
Vertrauen wir der Botschaft von Weihnachten; sie ist vielleicht der einzige Halt in diesen besonderen, schweren Zeiten, der Halt, der jetzt genau zur richtigen Zeit kommt, und wer mag, ist in dieser besonderen Nacht, diesen besonderen Tagen, eingeladen: „ Lasst uns vor ihm niederfallen, ihm soll unser Dank erschallen: Ehre sei Gott in der Höhe.“ (GL 245)
Die Hirten, Könige und alle anderen haben die Krippe nach der Begegnung mit IHM wieder verlassen und sind in ihren Alltag zurückgekehrt, und genau darauf kommt es an – die Rückkehr in den Alltag.
Auch wir sind eingeladen, in diesen Tagen zur Krippe zu kommen und an dieses Kind, Gottes Sohn, zu glauben, IHM zu vertrauen. Wenn wir das, was wir von Gottes Wort hören, was wir von ihm glauben und erfahren, in unserem Herzen bewahren und erwägen, werden wir das Kind in der Krippe mitnehmen und es wird uns auf unserem Lebensweg, in unserem Alltag, begleiten, über Weihnachten hinaus.
Ich wünsche allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und im Alltag immer wieder neu die Begegnung mit dem menschgewordenen Gott.
Pastor Hans-Günther Korr